Ein Beitrag von Mehmet Ildes, Jugendgemeinderat in Stuttgart und Anne Maria Kupke, Mitarbeiterin der Nikolauspflege am Standort Stuttgart
Impulsfragen für Fachkräfte der Jugendbeteiligung
- Besteht seitens des Jugendgemeinderats Kontakt zu örtlichen Einrichtungen der Behindertenhilfe?
- Sind Informationsmaterialien, Veranstaltungen und Wahlen des Jugendgemeinderats barrierefrei?
Türen öffnen
Menschen mit Einschränkungen werden mit ihren Bedürfnissen – trotz punktueller Einbindung in den Stadtteilen – nicht selten nur bedingt wahrgenommen. Es ist deshalb sinnvoll, in einem ersten Schritt mit den Betroffenen und den jeweiligen Betreuer:innen in den gemeinsamen Austausch zu gehen.
Wir möchten jugendpolitische Gremien dazu ermuntern, entsprechende Einrichtungen zu besuchen und sich die Arbeit der Einrichtungen erklären zu lassen. Manchmal ist ein Erstkontakt an Ständen auf Stadtteilfesten oder dem Neujahrsempfang möglich. Alternativ ist ein Anruf oder eine Mail, in der die Arbeit des Jugendgemeinderats vorgestellt wird, ein sinnvoller Erstkontakt. Schulen, die von jungen Menschen mit Einschränkungen besucht werden, haben neben dem klassischen Lehrpersonal zusätzliche Stellen in der Freizeitbetreuung. Diese Personen sind für einen solchen Austausch eine gute Adresse.
Brücken bauen
Die Teilhabe von Menschen mit Einschränkungen am politischen und öffentlichen Leben ist in Artikel 29 der UN-Behindertenrechtskonvention festgeschrieben. Demnach können Betroffene politische Rechte gleichberechtigt mit anderen beanspruchen (nachzulesen hier: https://www.behindertenrechtskonvention.info).
Bei Informationsveranstaltungen an Einrichtungen für junge Menschen mit Einschränkungen sollte zusätzlich zum §41a GemO, der die Beteiligung Jugendlicher in Kommunen vorsieht, über den Artikel 29 der UN-Behindertenrechtskonvention informiert werden. Denn die eigenen Rechte zu kennen, ist das Fundament individueller politischer Teilhabe.
Daran anknüpfend kann Basiswissen zu kommunalen Aufgaben und der Arbeit sowie die Funktionsweise des örtlichen Jugendgemeinderats vermittelt werden. Ein gemeinsames Spiel in lockerer Runde, bspw. Showdown (Tischtennis für Blinde; Beispiel siehe https://www.youtube.com/watch?v=H9W2ZyD9z1A) oder ein Quiz können das erste Treffen in lockerer Atmosphäre abrunden.
Ein Netzwerk errichten
Um Jugendliche für eine Wahl zu motivieren, reicht eine Informationsveranstaltung meist nicht aus. Angebote zu einer gemeinsamen Projektarbeit bieten die Möglichkeit, sich auf der Arbeitsebene zu vernetzen und die Perspektive des jeweils anderen kennenzulernen. In Stuttgart könnte ein Anknüpfungspunkt der neu gegründete Debattierclub sein, dessen Mitglieder sich zu gesellschaftlichen Themen wie bspw. Migration austauschen möchten. „Den Alltag und die Bedürfnisse eines jungen blinden Menschen kenne ich nicht. Deshalb sollten wir Personen dieser Gruppe zuhören, wenn sie ihre Interessen artikulieren“, meint Mehmet Ildes. Zusätzlich sollten seiner Meinung nach zumindest die Themen von Betroffenen selbst formuliert werden und es einen Informationskanal hin zur Politik geben, wenn eine Einschränkung die Teilhabe tatsächlich unmöglich mache. Anne Kupke sieht das ähnlich: „Politisches Interesse ist nicht davon abhängig, wie gut eine Person sieht. Zumal die heutige Technik Menschen mit Blindheit und Gehörlosigkeit eine weitestgehende Informationsfreiheit ermöglicht. Wir möchten die Menschen unserer Einrichtung bestmöglich zu ihren Teilhabemöglichkeiten informieren!“
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